Hilft uns eine räumliche Vorstellung komplexe Systeme zu verstehen?
Stellen Sie sich bitte folgende Situation vor: Sie sitzen jemanden an einem Tisch gegenüber und fragen ihn, wie sie in einer Stadt von A nach B kommen. Mit hoher Es kann gut sein, dass Ihr Gegenüber Ihnen nicht nur den Weg erklärt, sondern dass er ihnen den Weg auch mit dem Finger auf dem Tisch zeigt, obwohl dort kein Stadtplan liegt.
Was steckt dahinter? Hilft das Zeigen demjenigen, der den Weg erklärt, seine im Kopf abgespeicherte Vorstellung der Stadt zu aktivieren? Will er Ihnen seine Vorstellung der Stadt vermitteln, so dass Sie neben den Anweisungen, wann Sie wo abbiegen sollen, auch eine Orientierung erhalten?
Etwas Ähnliches habe ich vor über 10 Jahren in einem Projekt bei der BMW AG erlebt, das ich mit Studenten des Hasso-Plattner-Institutes durchgeführt habe. Ein Student sprach mich auf dem Flur mit einer Frage an, bei der es um technische Details ging. Beim Vertiefen des Themas haben wir angefangen mit den Fingern auf der weißen Wand aufzuzeigen, wo bestimmte Aktionen und Ereignisse in dem von uns zu entwickelnden System auftreten. Wie in jedem von mir geleiteten Projekt hatten wir zuvor ein FMC-Blockdiagramm als Big-Picture für das Projekt entwickelt. Die daraus gewonnene räumliche Vorstellung des Systems war für uns derart präsent, dass uns nicht bewusst war, dass wir vor einer weißen Wand zu standen.
Kann man diese Erfahrung verallgemeinern? Ich denke, es fällt vielen Menschen leichter komplexe und abstrakte Themen zu erfassen, wenn sie dazu eine räumliche Vorstellung entwickeln können. Sie gibt uns Orientierung und damit Sicherheit. Beides sind wichtige Faktoren wenn es darum geht, Entscheidungen zu fällen.
Im NLP gibt es die Technik der Timeline. Sie geht davon aus, dass jeder Mensch seine persönliche räumliche Vorstellung der Zeit hat. Bei vielen Menschen liegt die Vergangenheit hinten und die Zukunft vorne. In westlichen Kulturen verläuft die Timeline auch häufig von links nach rechts. In Kulturen deren Schrift von rechts nach links gelesen wird, ist dies häufig umgekehrt. Diese vorhandene räumliche Vorstellung der Zeit kann man nutzen, um sich gedanklich in andere Zeitpunkte zu versetzen und aus anderen Perspektiven auf Ereignisse zu schauen. Vielleicht hängen beide Effekte zusammen.